Der Möbelschreiner Brian Thomi bereitet sich auf die World Skills in Basel vor. Bild: Gabriel Design
Nach der Absage der World Skills in Shanghai (Chn) können die weltbesten Schreiner sowie Zimmerleute ihr Können im Rahmen der Messe Holz in Basel unter Beweis stellen. Die zwei Schweizer Schreiner Brian Thomi und Romain Mingard sowie Zimmermann Elias Gogniat streben eine WM-Medaille an.
Basel statt Shanghai. Heimvorteil statt eine weite Reise in ein fremdes Land. In der chinesischen Metropole können die World Skills Mitte Oktober 2022 aus pandemischen Gründen bekanntlich nicht stattfinden. Der Grossanlass wurde im vergangenen Mai abgesagt. Dafür konnte World Skills International die Berufs-Weltmeisterschaften unter dem Namen «World Skills Competition 2022 Special Edition» in die ganze Welt verteilen. 15 Länder machen mit und haben einzelne der 60 Berufe übernommen. Die Schweiz richtet dabei das grösste Kontingent aus. Sie führt 13 Weltmeisterschaften durch. Austragungsorte sind Aarau, Basel, Bern, Genf, Luzern und Montreux. Innert kürzester Zeit wurde die ganze Organisation aufgegleist.
Der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) sowie Holzbau Schweiz haben sich ins Zeug gelegt. So werden vom 11. bis 14. Oktober in Basel im Rahmen der Messe Holz drei Wettkämpfe ausgetragen: Jene der Bauschreiner, der Möbelschreiner sowie der Zimmerleute. Mit der Fachmesse erhalten die besten Hölzigen aus aller Welt einen würdigen Rahmen für ihr Kräftemessen.
International breites Teilnehmerfeld
Am meisten Teilnehmer sind bei den Möbelschreinern (Englisch Cabinetmaking) gemeldet: 20 junge Männer aus Europa, Asien, Afrika und Nordamerika. Bei den Bauschreinern (Joinery) sind 16 Teilnehmer gemeldet. Aus zwölf Nationen kommen die Zimmerleute (Carpenter). Frauen sind in allen drei Wettkämpfen leider keine am Start. Die Schweiz wird vertreten von Romain Mingard aus Couvet NE (Bauschreiner), Brian Thomi aus Vordemwald AG (Möbelschreiner) sowie Zimmermann Elias Gogniat aus La Tour-de-Trême FR.
Für die drei Schweizer ist das Ziel klar ein Platz auf dem Podest. Am liebsten natürlich das oberste Treppchen mit der Goldmedaille. Die Wettkämpfe dauern vier Tage und sind von Dienstag, 11. Oktober, bis am Freitag, 14. Oktober, live mitzuverfolgen. Die Siegerehrung findet am Samstag, 15. Oktober, um 14 Uhr statt.
Möbelschreiner Brian Thomi träumt von einer Medaille
Brian Thomi ist erleichtert, dass die WM nun bald losgeht, und freut sich sehr darauf. Vor etwas weniger als zwei Jahren ist er Schweizermeister der Möbelschreiner geworden und bereitet sich seither auf die World Skills vor. Seit Februar dieses Jahres trainiert der Aargauer im Betrieb von Tobias Hugentobler, dem Chefexperten Möbel des VSSM in Braunau TG. Nach der Absage der World Skills in Shanghai (Chn) im Mai hörte er jedoch auf. Als die Lösung mit Basel feststand, kehrte der 21-Jährige aus Vordemwald AG nach einer zweimonatigen Pause ins Training zurück.
«Ich bin froh, dass eine Alternative für den Wettkampf gefunden wurde», sagt Thomi. «Und das so schnell. Ich dachte eher, dass wir bis nächstes Jahr warten müssen.» Das hätte er zwar auf sich genommen, findet es aber gut, dass sein WM-Abenteuer Mitte Oktober ein Ende findet.
Die Objekte kennt er auswendig
«Die drei möglichen Aufgabenobjekte, die im Voraus definiert wurden, kann ich fast auswendig», sagt er und lacht. In den letzten Wochen hat er zwölf Exemplare hergestellt. «Ich habe teilweise angefangen, diese spiegelverkehrt zu produzieren.» Seit Mitte September ist bekannt, welches der drei Objekte in einer geänderten Form das WM-Aufgabenstück bilden wird. «Für den Schlussspurt kann ich mich darauf konzentrieren und alle möglichen Abänderungen durchspielen.»
Verbessert habe er sich in vielen Belangen, meint der Aargauer. «Vor allem bei den Furnierarbeiten habe ich Fortschritte gemacht. Diese beherrschte ich zuerst gar nicht. Aber es gibt noch Luft nach oben.» Sein Ziel für die WM hat er sich klar gesteckt: «Ich möchte eine Medaille gewinnen. Am liebsten natürlich die goldene.» Von der Konkurrenz kennt er einige, wie die Franzosen und Deutschen, die er als stark einstuft. «Von den Asiaten weiss man nur wenig. Aber man darf sie nicht unterschätzen.»
Druck als Fragezeichen
Tobias Hugentobler stuft seinen Schützling als fachlich sehr gut ein. «In den ersten zwei Monaten Training hat er sich stark verbessert», sagt der Experte. «Unsicherheiten sehe ich bezüglich des Drucks, der vor Heimpublikum aufkommt. Diese Situation können wir nicht simulieren.» Der letzte Ernstkampf von Thomi sei fast zwei Jahre her, deswegen sei der WM-Wettkampf an den Swiss Skills in Bern durchgespielt worden. «Wir versuchen, für alles gewappnet und bereit zu sein. Ich bin zuversichtlich.»
Dass ihn seine Familie und Freunde in Basel unterstützen, freut Brian Thomi. «Fans sind allerdings fast eine Ablenkung», meint er. «Das wäre in Shanghai ohne Zuschauer einfacher gewesen.» Der Reise nach China trauert er allerdings nicht nach. «Es wäre wegen der vielen Coronaregeln nur umständlich gewesen.»
Was nach seinem grossen Ziel kommt, weiss er schon: Nach zwei Monaten Militär (WK) kehrt er in seinen früheren Lehrbetrieb, die Schreinerei Willisegger in Zofingen AG, zurück. Für weitere Zukunftspläne wie zum Beispiel eine Weiterbildung lässt er sich hingegen noch Zeit.
Bauschreiner Romain Mingard hat Gold als klares Ziel
Seit Januar lebt Romain Mingard in Bex VD und trainiert bei Roger Huwyler, dem VSSM-Chefexperten für die Bauschreiner. «Nach der Absage der World Skills in Shanghai hatte er verständlicherweise ein Tief und erledigte während zweier Monate Arbeiten für meinen Betrieb», erzählt Huwyler. «Zum Beispiel hat er eine grosse doppelflüglige Tür hergestellt. Das hat er sehr gut gemacht.» Seit der Bekanntgabe, dass die WM in Basel stattfindet, ist der Schreiner aus Couvet NE zurück im Training. «Er hat seit den Schweizermeisterschaften im November 2020 riesige Fortschritte gemacht. Vor allem bei den Innenverbindungen. Er ist auf gutem Weg, hat die Zeit im Griff und bringt eine hohe Qualität hervor», ist Huwyler überzeugt.
Mingard selber findet, dass er sich ständig weiterverbessern kann, und will bis zur Schreiner-WM noch fleissig an sich arbeiten. Zum Beispiel an der Präzision. Er fühle sich gut, aber noch nicht ganz bereit, meint er selbstkritisch. «Es war jetzt eine sehr lange Vorbereitungszeit und ich bin froh, dass die WM nun doch stattfindet.»
Kurze Phase der Unsicherheit
Die lange Unsicherheit bezüglich der Durchführung der World Skills in Shanghai sei für ihn nicht einfach gewesen. Plötzlich hatte sich bei ihm auch eine gewisse Müdigkeit bemerkbar gemacht, erzählt der 20-jährige Neuenburger. Er hat immer gehofft, dass es eine Alternative für den Grossanlass geben wird. «Nun bin ich wieder hoch motiviert und bereite mich seriös vor. Schliesslich will ich Gold gewinnen.» Mingard weiss, dass die Titeljagd nicht einfach wird. Die anderen Teilnehmer seien stark. «Ich habe keine Angst vor der Konkurrenz, sondern hoffe, besser zu sein als sie. Ich werde mein Bestes geben», gibt er sich kämpferisch.
Bei Huwyler habe er sehr viel gelernt und habe sich auch persönlich weiterentwickelt, sagt Mingard. «Roger und ich verstehen uns sehr gut, auch privat.» Dennoch sei es an der Zeit, dass das WM-Abenteuer bald vorbei ist. «Wenn dieses noch länger gedauert hätte, wäre es finanziell schwierig geworden.» Vom Kanton Neuenburg, dem Neuenburger Schreinerverband und vom Lions Club hat er zum Beispiel Unterstützung erhalten. Nach den World Skills zieht es ihn weiter nach Biel an die Höhere Fachschule Holz, um Techniker HF Holztechnik zu studieren, worauf er sich freut.
Die Fans müssen warten
«Zuerst gilt aber mein ganzer Fokus der WM.» Mingard hat seiner Familie und Freunden gesagt, dass sie ihn gerne anfeuern könnten, er sie während der Wettkampftage aber nicht sehen wird. «Ich hoffe, mit ihnen dann an der Siegerehrung anstossen zu können.»
Nicole D'Orazio
Dossier zu den Schreinermeisterschaften
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